Muss es eigentlich immer Madrid, Barcelona oder Sevilla sein? Die spanischen Metropolen sind beliebte – und überlaufene – Städtereiseziele. Dabei gibt’s abseits der Touristenströme viele schöne Städte in Spanien, die eine Reise wert sind. Sie liegen etwas versteckt und einige sind noch fast unentdeckt – weiße Flecken auf der touristischen Landkarte, aber echte Perlen für jeden Spanien-Fan. Wie das Städtchen Plasencia in der Extremadura in der tiefsten Provinz im Südwesten Spaniens.
Plasencia hat gut 40.000 Einwohner, wurde im 12. Jh. gegründet und war ab der Renaissance Sitz der berühmtesten Adelsfamilien der Extremadura. Die Extremadura gilt traditionell als Armenhaus Spaniens. In einigen Ecken der Provinz ist das auch ganz deutlich zu spüren, aber Plasencia macht einen vergleichsweise wohlhabenden Eindruck. Die alte Bausubstanz ist gut erhalten, rund um die Plaza Mayor herrscht geschäftiges Treiben.
Im Schatten von Kathedrale und Stadtmauer spielt sich traditionelles spanisches Leben ab. Die Altstadt ist für den Durchgangsverkehr gesperrt, und die Plaza Mayor mit dem Renaissance-Rathaus ist ein prächtiges Plätzchen, um in der Sonne zu dösen oder in aller Ruhe einen Kaffee zu genießen. Außer dienstags: Am Markttag strömen die Bürger der Stadt und aus dem Norden der Extremadura zusammen, um zu handeln. In den Kolonnaden der Plaza und den kleinen Seitenstraßen herrscht vormittags und am frühen Abend Einkaufsbetrieb.
Für die späten Abendstunden bietet sich der alte Weinkeller des ehemaligen Klosters St. Domingo an, heute ein schickes Hotel der staatlichen Parador-Kette. Das Hotel ist ohnehin einen Besuch wert: Hinter spröden alten Mauern verbirgt sich ein imposantes Gemäuer mit Patio, Kreuzgang und Sälen.
Alte Gemäuer gibt’s in Plasencia sn jeder Ecke. Adelspaläste, Kirchen und Stadttore locken aber weniger die Touristen, als vielmehr große Vögel an. Plasencia ist die Stadt der Störche. Die vielen Dächer und Türme der Stadt sind hervorragende Nistplätze. Kaum ein Gebäude, das nicht von mindestens einem Storchenpaar besiedelt wird. Über dem Portal der gotischen alten Kathedrale hocken sie, auf den filigranen Türmen der benachbarten neuen Kathedrale bauen sie ihre Nester, durch die engen Gassen hallt ein Klappern.
Plasencia liegt – nicht für die Störche – strategisch günstig am Fluss Rio Jerte und am Schnittpunkt mehrerer Täler. Vom Balkon des grandiosen Palastes der Markgrafen von Mirabel aus wird klar, warum die Vögel die Stadt lieben. Rund um Plasencia wartet nur wenige Flugminuten entfernt fette Beute in den Feuchtgebieten. Der Mirabel-Palast, neben Monroy-Palast, Bischofspalast und der Casa del Deán eines der schönsten Gebäude der Stadt, ist ein privates Museum, aber zeitweise öffentlich zugänglich.

Hier gibt*s keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken: Der Platz vor dem Palacio Carvajal Giron / Thomas Meins
Der Carvajal-Girón-Palast wurde 2012 in ein Vier-Sterne-Hotel umgewandelt. Das Haus aus dem 16. Jh. wurde behutsam renoviert und vereint in seinem Innern alte Bausubstanz und modernes Design.
28 Zimmer sind hochherrschaftlich groß, luftig und komfortabel, der Patio wird bekrönt von einer Glas- und Stahlkonstruktion, die das herrliche Ambiente aus Säulen, Treppen und Galerie schützt. Im ehemaligen Weinkeller plätschert ein kleiner Pool, außerdem verfügt das Haus über Restaurant, Bar und Spa. Die Lage ist ideal: mitten in der Stadt und dennoch ruhig. Zur Plaza Mayor sind’s drei Minuten zu Fuß.
Vor den Toren der Stadt liegt eine abwechslungsreiche Landschaft aus Bergen und Tälern. Östlich von Plasencia geht es hinauf in das Valle de Jerte, das Tal der Kirschen. Das enge Tal ist von hohen Bergen geschützt, der Rio Jerte, viele Zuflüsse und ein regenreiches Frühjahr sorgen für ein feuchtwarmes, fast dschungelartiges Klima – beste Bedingungen für die Kirschplantagen, die sich bis auf über 1300 Meter Höhe durch das ganze Tal ziehen. Zur Blütezeit, die hier schon im März beginnt, sind die terrassierten Hänge zu beiden Seiten des Rio in ein weißes Blütenmeer getaucht. 140 Sorten werden in Valle de Jerte angebaut – die Früchte werden weltweit exportiert, aber auch vor Ort verarbeitet. Etwa zu Schnaps oder zu köstlichen Gerichten wie Kirsch-Gazpacho oder Wolfsbarsch auf Kirsch-Risotto. Tipp für Gourmets: das Restaurant Gaza Real in Valdestillas.
Tipp für Wanderer: Bei dem Städtchen Jerte beginnt der Naturpark Garganta de los Infiernos, ein Seitental des Valle de Jerte. Der Park erstreckt sich bis zu den Gipfeln der Sierra de Gredos und beherbergt seltene Tiere (u. a. Geier) und Pflanzen. Hauptattraktion ist der Höllenschlund, ein kristallklarer Wasserfall, der sich durch die Schlucht in das Tal gräbt.
Wenige Kilometer südlich von Plasencia liegt ein weiteres Naturparadies: der Nationalpark Monfragüe. Der Park ist nicht besonders groß, aber eines der wichtigsten Vogelschutzgebiete auf der iberischen Halbinsel. Die Schutzzone legt zu beiden Seiten des Flusses Tajo und an einem Arm des Tiétar. Sanfte Hügel mit Macchiabewuchs, Kork- und Steineichenwäldern wechseln sich ab mit schroffen Felsen, Schluchten und Stauseen. Ein Dorf, eine Straße, ein altes Castillo – sonst herrschen hier nur die Vögel: Gänsegeier, Schmutzgeier, Adler und Schwarzstörche nisten zu Hunderten in den unzugänglichen Felsen. Spektakulärer Aussichtspunkt: die Flussschleife am Salto del Gitano.
Die Fakten: Der nächste internationale Flughafen ist weit – die Hauptstadt Madrid. Von dort sind es über die Autobahn etwa 250 Kilometer bis nach Plasencia. Das Hotel Garvajal Girón gehört zur Kette der Rusticae-Hotels (Zimmer ab etwa 90 Euro/Nacht). Weitere Infos zur Plasencia und zur Extremadura gibt es bei Turismo Extremadura, www.turismoextremadura.de.
Die Reise in die Extremadura fand statt auf Einladung von Turespana.
Pingback: Extremadura: Natururlaub im Reich der Störche | Absolut Familie